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Cy Twombly

Photographien 1951–2010

Die Ausstellung „Cy Twombly. Photographien 1951–2010“, zuerst im Brandhorst Museum in München, zeigt mehr als 100 Photographien, die in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler selbst ausgewählt wurden. Ergänzend ist in der Siegener Schau der komplette Werkbestand von Twombly aus der Sammlung Lambrecht-Schadeberg zu sehen.

Cy Twombly, Angel′s Trumpets, Gaeta, 2008, Courtesy The Estate of Cy Twombly/Schirmer/Mosel

Der 1928 in Lexington, Virginia geborene und am 5. Juli 2011 in Rom verstorbene Cy Twombly photographierte seit seiner Studienzeit, trat aber erst in den 90er Jahren mit seinen photographischen Bildern an die Öffentlichkeit. Die Entstehungszeit und Motive varriieren dementsprechend stark. Neben Ausschnitten traditioneller Stillleben-Motive, wie Tulpen oder Engelstrompeten, finden sich geheimnisvolle Blicke in Innenräume, die 1985 in Bassano und Rom entstanden, genauso wie klassische Ansichten auf antike Tempelanlagen von 1951. Aufnahmen von Blumen und Stillleben, Landschaften und Interieurs erinnern an die großen Themen der Kunstgeschichte, aus denen Twombly leise, zarte Bilder entstehen lässt. In ihrer auffälligen Unschärfe, atmosphärischen Farbigkeit und diffusen Motivik eröffnen die Photographien neben der Malerei, Zeichnung, Skulptur und Graphik eine andere Facette des künstlerischen Kosmos’ Twomblys.

Alle Photographien wurden mit einer schlichten Polaroid-Kamera aufgenommen. Mittels eines speziellen Dry-Print-Verfahrens wurden die Unikate vergrößert und in limitierter Auflage vervielfältigt. Durch das mittlerweile veraltete Kopierverfahren erhalten die Bilder einen glänzenden Schimmer auf der Oberfläche und wirken insgesamt grobkörniger. Auffallend ist die durchgehende Unschärfe der Photographien, die ihnen eine Atmosphäre der Unbestimmtheit verleiht. Durch das Spiel mit Licht und Schatten bzw. Überbelichtung und radikaler Nahsicht verunklärt Twombly den photographierten Gegenstand zusätzlich. Die Bilder wirken altertümlich, erinnern an die Stilrichtung des Pictorialismus, die um 1900 durch künstlerische Sujets und Effekte wie Verschwommenheit und fließende Übergänge die Photographie der Malerei im Rang gleichzustellen suchte.

Die große Anziehungskraft der Bilder besteht im Reiz des Unsichtbaren im Sichtbaren, dem poetischen Leuchten von Licht und Farbe, dem Aufspüren der nicht fassbaren Dimensionen von Zeit und Raum. Entgegen aller technischen Voraussetzungen der Photographie widersetzt sich Twombly auch in diesem Medium den Erwartungen und überrascht mit intimen Blicken auf zarte Tulpenblüten, Zitronen, auf alltägliche Gegenstände wie Gläser und Flaschen, seine Schuhe, sein Atelier und schließlich auf seine Gemälde selbst. Die Photographien aus mehr als einem halben Jahrhundert entfalten erneut und auf neue Weise den bildnerischen Kosmos Twomblys, der zwischen flüchtigem Sfumato und expressiver Geste, in einer Mischung aus Entschiedenem und Unentschiedenem liegt, kaum greifbar erscheint, dafür aber umso mehr anrührt.

Es geht Twombly offensichtlich nicht um die Wiedererkennbarkeit eines Motivs. Vielmehr gelingt es ihm durch die Konzentration auf Oberflächentexturen eine neue visuelle Ordnung zu erzeugen.

Cy Twombly wurde 1987 mit dem 7. Rubenspreis der Stadt Siegen ausgezeichnet. Weitere Werke, die Teil der Lambrecht-Schadeberg-Sammlung sind (Gemälde, Fotografien, Skulpturen, Grafiken), wurden in die Ausstellung integriert.

Die Ausstellung wurde von Lothar Schirmer kuratiert.